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Die Siedlungen als Friedenschance

18. März 2010

 

Gemäß der in Europa und in den USA üblichen Sicht sind die israelischen Siedlungen im Westjordanland ein Hindernis für den Frieden. Aus diesem Grund hat Präsident Obama am Anfang seiner Amtszeit versprochen, den weiteren Ausbau dieser Siedlungen zu stoppen. Fast alle europäischen Staaten haben ihm beigepflichtet.

Weil die Israelis darauf nicht eingegangen sind, hat dieser Standpunkt der Amerikaner die Führung der Palästinenser dazu veranlasst, damit zu drohen, die Friedensverhandlungen abzubrechen oder gar eine dritte Intifada anzustacheln. Palästinenserpräsident Abbas hat mit Rücktritt gedroht und angekündigt, bei der nächsten Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung zu stehen – weil der Fatah, der Partei von Abbas, vorgeworfen wird, eine israelfreundliche Politik zu betreiben.

Im Westen ist die Stimmung gegen die israelischen Siedlungen im Westjordanland stärker geworden. In den Medien wurde mehr und mehr gefordert, dass Israel, im Fall eines Friedens, diese Siedlungen räumt.

Die Linke im ganzen Westen steht geschlossen hinter dieser Ansicht. Sie spricht von einem Apartheidsstaat und davon, dass die Israelis Palästina zu einigen Ballungsgebieten schrumpfen möchte, um sich den Großteil des Westjordanlands einzuverleiben.

Diese Sicht hat in den westlichen Medien besonders seit Obamas Forderung nach Baustopp in den Siedlungen mehr und mehr Raum bekommen.

Nach einer Weile aber hat Obama nicht mehr von einem Siedlungsstopp gesprochen. Klares Fazit der Medien: Er hat vor den Israelis kapituliert. Und tatsächlich kam aus dem Weißen Haus lange Zeit nichts, was dieser Ansicht widersprechen würde. Und auch die gegenwärtigen Vorstöße von Mitchell und Clinton ändern nichts an der Haltung der Israelis.

Leider kann offenbar weder Obama noch ein anderer der westlichen Politiker die Chance sehen kann, die in den Siedlungen liegt – oder, falls einer sie sieht, dann fehlt ihm oder ihr der Mut, davon zu sprechen.

Dennoch war die Chance zum Frieden in Palästina nie größer als jetzt, und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen der israelischen Siedlungen. Und diese Chance wäre vertan, wenn Israel die Siedlungen räumen würde, denn gerade ihre Existenz liefert die Chance – obzwar das von israelischen Politiker bis jetzt kaum bemerkt worden sein dürfte, denn die Absicht hinter dem Siedlungsbau ist wohl eine andere.

Die israelischen Politiker wollten möglicherweise genau das, was die europäische Linke ihnen unterstellt: das Westjordanland aushöhlen und Palästina zu wenigen Ballungsräumen schrumpfen, um sich den Rest einzuverleiben. Obwohl das möglicherweise tatsächlich das Motiv für den Bau dieser Siedlungen war, bieten sie nun, da sie da sind, die Chance zum Frieden – und es wäre klug von den israelischen Politikern, von europäischen Politikern und auch von den linken Ideologen des Westens, die Motive von gestern zu vergessen, diese Chance zu erkennen und sie zu ergreifen.

Die Chance besteht darin, diese Siedlungen gerade nicht zu räumen und sie auch nicht ins israelische Stammland zu integrieren, im Gegenteil. Die Chance ist genau dadurch entstanden, dass durch sie eine jüdische Minderheit im Westjordanland angesiedelt wurde.

Die Nutzung dieser Chance ist nun relativ einfach: Es ist nur nötig, das ganze Westjordanland und Gaza samt den jüdischen Siedlungen zum neuen palästinensischen Staat zu machen.

Dann gibt es einen palästinensischen Staat mit einer starken jüdischen Minderheit und einen jüdischen Staat mit einer palästinensischen Minderheit. Und damit ist das Verhältnis ausgewogen.

Die jüdische Minderheit im neuen Palästina wird unter allen Umständen darauf bestehen, dass ihre Minderheitenrechte durch internationale Verträge geschützt werden. Und die internationale Staatengemeinschaft wird dafür sorgen, dass diese Rechte tatsächlich geschützt werden – wenn nötig durch Stationierung einer internationalen Kampftruppe.

Gleichzeitig hat das aber Rückwirkungen auf die Situation der Araber in Israel. Sie werden nun nämlich nicht ausgemeindet durch einen Gebietstausch, wie oft vorgeschlagen, sondern auch Ihre Rechte werden nun, parallel mit den Rechten der Juden im Westjordanland, international gesichert. Truppen werden im israelischen Stammland wohl eher nicht nötig sein, wohl aber klare, international einklagbare Regeln.

Damit gibt es nun endlich zwei Staaten, und in beiden lebt eine Minderheit, deren Schutz von der internationalen Staatengemeinschaft garantiert wird – zumindest bis sich der Zustand normalisiert hat.

Ein solcher Friede schafft gleichberechtigte Verhältnisse in beiden Staaten. Israelis und Palästinenser können sich auf Augenhöhe begegnen. Dadurch wird sich der Groll der Palästinenser gegen die israelische Übermacht auflösen.

 

Als eine Folge wird die Wirtschaft in dem neuen Staat Palästina boomen. Internationale Anleger können nun endlich ihr Geld dort investieren, weil es jetzt sicher angelegt werden kann und die Palästinenser werden arbeiten und ihr Land in einem ungeahnten Tempo aufbauen. Die Welt wird ein neues Wirtschaftswunder erleben.

Gleichzeitig wird dadurch eine neue Wirtschaftsgemeinschaft entstehen mit Jordanien, Ägypten und der Türkei als zusätzlichen Partnern. Dann wird der Irak dazukommen und es wird nicht lange dauern, da wird Syrien Interesse anmelden.

Durch dieses nachbarliche Beispiel wird auch der Libanon seine inneren Konflikte beilegen und der Union beitreten. Saudi Arabien und die Golfstaaten werden folgen. Und schließlich wird auch der Iran seine Sonderinteressen hintanstellen und folgen wollen.

 

All das aber setzt voraus, dass parallel auch die andere Identitätsquelle geklärt wird: die Religion. Gleichzeitig mit der politischen Lösung braucht es daher auch eine interreligiöse, eine pan-abrahamische Lösung. Sehen Sie dazu bitte „das Tempel-Projekt“, www.Tempel-Projekt.de.