Unruhen um den Tempelberg: Der historische
Anteil der Christen daran und das von den Muslimen heute verlangte Opfer, das
zum Frieden führt
Gottfried Hutter, Theologe, Psychotherapeut, Autor dieser
Friedensinitiative, Gründer und Vorsitzender des Tempel-Projekt e.V.
Die jüngsten
und noch andauernden Unruhen in Jerusalem verweisen auf das Herz des gesamten
Konflikts, den Platz, den die Muslime ihr „Edles Heiligtum“ nennen, al Haram ash Sharif. Für sie ist es der Ort der Himmelfahrt
ihres Propheten, die ihn als „das Siegel der Propheten“ bestätigt hat, weil er dort
mit allen vorangegangenen Propheten zusammengetroffen ist. Für die Juden ist es
der Ort, an dem ihr Tempel gestanden hat, der Ort der besonderen Gegenwart
Gottes, den die Römer vor fast 2000 Jahren zerstört haben.
Die
westliche Politik mit ihrer säkularen Herangehensweise kann diesem Konflikt
nicht gerecht werden. Es fehlt die tiefe emotionale Ebene.
Völkerrechtlich
haben die Juden keinen Anspruch auf den Platz, denn die Zerstörung ihres
Tempels ist zu lange her – und dass Juden seit jener Zeit dreimal täglich um
einen Neuen Tempel beten, interessiert das Völkerrecht nicht. Es gibt den
Muslimen Recht, die verlangen, dass Juden an dem Ort nicht beten; mit anderen
Worten verlangt es von den Juden, dass sie auf jeden Anspruch auf den Platz
verzichten.
Und da
westliche Politiker eine säkulare Politik vertreten, stimmen Sie den Muslimen
zu. Aber ist das wirklich gerecht? Gewissermaßen verlangen sie ja, dass die
Juden ihre Bibel vergessen, die nicht nur die Grundlage des Judentums ist,
sondern auch die Grundlage der christlichen Religion geworden ist und auch die des
Islam.
Um zu
verstehen, was recht ist, ist es nötig zu verstehen, wie es zu der gegenwärtigen
Krise gekommen ist – und auch welche Rolle die Christen darin spielen.
Seit Kaiser
Konstantin hatten die Christen das Sagen in Jerusalem. Insbesondere Konstantins
Mutter, die heilige Helena, betrieb historische Forschungen dort. Sie entdeckte
das Grab Jesu und sogar das Kreuz, an dem Jesus gestorben war, und sie
entdeckte den Ort seiner Geburt in Bethlehem.
Sie
veranlasste den Bau der Grabeskirche in Jerusalem und der Geburtskirche in
Bethlehem und sie veranlasste, dass die römischen Tempel, die nach der
Niederschlagung des jüdischen Aufstands im Jahr 135 auf dem Platz errichtet
worden waren, an dem der jüdische Tempel gestanden hatte, jetzt abgerissen
wurden. Aber sie war nicht daran interessiert, den jüdischen Tempel wieder zu
errichten, und auch nicht daran, das Hadrians-Edikt aufzuheben, das Juden das Betreten
ihrer Heiligen Stadt und die Ansiedlung in ihrer ehemaligen Heimat verbot.
Es scheint,
dass es ihr und der gesamten christlichen Obrigkeit ganz recht war, dass der
Platz des Tempels nun ein Trümmerfeld war, denn das sollte daran erinnern, dass
der Alte Bund, den Gott mit den Juden geschlossen hatte, nun abgelöst war durch
den Neuen Bund des Sohnes Gottes mit der Menschheit, den die Christen
repräsentierten.
In der Folge
aber blieb es nicht dabei, dass der ehemalige Tempelberg nur ein Trümmerfeld war,
er wurde – unter christlicher Herrschaft – sogar noch zur Müllhalde degradiert.
Das hätte
Jesus sicher nicht gewollt! Er hat den Tempel „Haus meines Vaters“ genannt und
seine Jünger besuchten den Tempel auch nach seiner Auferstehung weiterhin
regelmäßig – natürlich mit dem gehörigen Respekt diesem Heiligtum gegenüber!
Dieser Respekt fehlte nun.
Dass die
Christen den Platz des Tempels 300 Jahre später zur Müllhalde machten, ist eine
Schuld, die allein die Christen auf sich geladen haben und die bis heute verhängnisvoll
wirkt.
Hätten die
Christen diesem Ort gegenüber den gehörigen Respekt gezeigt, dann hätten sich
die Muslime bei ihrer Eroberung Jerusalems anders verhalten! Dann hätte der
Kalif Omar den Platz nicht zuerst säubern müssen. Und wenn der Platz den
Christen heilig gewesen wäre, hätte der Kalif diesen Platz auch nicht einfach
in Besitz nehmen können. Er hat ja auch die Grabeskirche nicht in Besitz genommen.
Dann wäre die gesamte Geschichte des Heiligen Landes bis auf den heutigen Tag anders
verlaufen! Dann gäbe es heute wahrscheinlich keinen Konflikt um den Tempelberg.
Dann hätten sich die drei abrahamischen Religionen
diesen Ort vielleicht bereits im Jahr 638 geteilt. Dann müsste von den Muslimen
heute nicht dieses ungeheuerliche Opfer verlangt werden, nämlich ihr „Edles
Heiligtum“, al Haram ash Sharif, den Ort der
Himmelfahrt ihres Propheten, mit den Juden zu teilen, die sich hier an die
Gegenwart Gottes in ihren früheren Tempeln erinnern.
Aber wenn sich
die Muslime zu diesem Opfer durchringen könnten, dann würden sie damit dem
gesamten Nahen Osten Frieden bringen – zuerst
Frieden mit Israel, und dann auch Frieden untereinander, innerhalb der
unterschiedlichen Richtungen des Islam, denn sobald das Prinzip des Teilens
eingeführt ist, kann es überall Frieden geben – so wie es im Straßenverkehr
Frieden gibt, indem die Verkehrsampeln einmal der einen und dann der anderen
Seite Recht geben.
(21.10.2015)
Information und Kontakt: www.Tempel-Projekt.de; gottfried.hutter@gmx.de
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